Studieren mit Belastung: Wenn Familie, Gesundheit und Studium zusammenkommen
Die Herausforderungen, mit denen Studierende konfrontiert sind, sind vielfältig und nehmen stetig zu. Neben familiären Verpflichtungen wie Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen spielen auch gesundheitliche Belastungen eine immer größere Rolle – vor allem im Bereich der psychischen Gesundheit der Studierenden.
Familie und Betreuungspflichten im Studium
Von den rund 188.000 befragten Studierenden gaben 8 % an, eigene Kinder zu haben. Die Kinder sind in der Regel im Kleinkind- oder Vorschulalter. Um den Alltag zu bewältigen, nutzen diese Studierenden häufiger flexible Studienformate – etwa Teilzeitmodelle oder Angebote ohne Präsenzpflicht.1
Darüber hinaus übernehmen 12 % der Studierenden Pflegeaufgaben. Diese Gruppe ist im Durchschnitt etwas älter als Studierende ohne Pflegeverantwortung.2
Zunehmende studienerschwerende Beeinträchtigungen
15,9 % der befragten Studierenden berichten von einer studienerschwerenden Beeinträchtigung – doppelt so viele wie noch 2011. Von diesen Betroffenen leiden 65 % an einer psychischen Erkrankung, wie zum Beispiel Essstörung und Depression.3 4
Studentinnen sind mit 18,7 % häufiger betroffen als ihre männlichen Kommilitonen (12,3 %) und liegen somit über dem Gesamtdurchschnitt von 15,9 %. Auch psychische Erkrankungen werden bei Studentinnen häufiger angegeben (66,9 %) als bei Studenten (62,3 %). 5
Einfluss haben zudem soziodemografische Faktoren: Studierende mit Migrationshintergrund sind mit 18,2 % stärker betroffen als solche ohne (16,3 %). Ähnliches gilt auch für ältere Studierende sowie diejenigen mit Pflegeverantwortung.6
Auswirkungen auf den Studienverlauf
Studierende mit Beeinträchtigungen unterbrechen ihr Studium deutlich häufiger (22 % gegenüber 9 %) und wechseln öfter das Fach (36,5 % gegenüber 23,6 %) oder die Hochschule (27,3 % gegenüber 19,2 %). Besonders stark betroffen sind unter anderem Studierenden mit psychischen Erkrankungen.7
Auch Gedanken an einen Studienabbruch treten bei dieser Gruppe häufiger auf. 13 % der betroffenen Studierenden ziehen einen Abbruch ernsthaft in Betracht, verglichen mit 4,7 % unter den übrigen.8
Dazu kommt, dass Studierende, deren Eltern nicht studiert haben, denken deutlich häufiger über einen vollständigen Studienabbruch nach als jene aus akademischen Familien – 14,4 % im Vergleich zu 11,7 %.9 Diese Zahl macht deutlich, wie groß die zusätzliche Belastung für Erstakademiker*innen sein kann.
Starker Anstieg psychischer Belastungen
Die psychische Belastung unter Studierenden hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Der Anteil derer, die sich häufig gestresst fühlen, ist von 23 % auf 44 % gestiegen. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, bei der der Stresspegel zwischen 2013 und 2021 nur um drei Prozentpunkte zugenommen hat, ist dieser Anstieg besonders deutlich.10
Auch der Anteil der Studierenden, die sich durch Stress erschöpft fühlen, ist von 44 % im Jahr 2015 auf 68 % gestiegen. Weitere häufige Beschwerden zusätzlich zu Erschöpfung durch Stress sind Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme, depressive Verstimmung, Einsamkeit, Schlafprobleme und Ängsten bzw. Sorgen.11
Emotionale Erschöpfung ist ein zentrales Thema im Zusammenhang mit der mentalen Gesundheit von Studierenden. Sie entsteht häufig durch eine Kombination aus Prüfungsdruck, Angst vor schlechten Noten, Mehrfachbelastungen durch Studium und Nebenjob, überforderndem Lernstoff, familiären Verpflichtungen sowie finanziellen Sorgen.12
Manche kämpfen auch mit Prokrastination – oft auch „Aufschieberitis“ genannt – was den inneren Druck weiter verstärkt.
Verbesserungsbedarf bei Gesundheitsförderung
Studierende mit schlechter gesundheitlicher Verfassung sehen besonders hohen Verbesserungsbedarf in drei Bereichen: bei ergonomischen Möbeln, gesundheitsförderlich gestalteter Lehre und Kursen zur mentalen Gesundheit. Hochschulen könnten durch gezielte Angebote, z.B. Kurse zur Stressbewältigung, insbesondere dieser vulnerablen Gruppe wirksam helfen.13
Beratungsangebote: Bekanntheit und Nutzung
Psychologische Hilfe wird von vielen Studierenden gesucht – besonders bei Hilfe bei Depression, Essstörung, Erschöpfung oder Einsamkeit überwinden. Rund zwei Dritteln der betroffenen Studierenden sind die psychologischen Beratungsstellen ihrer Hochschule bekannt. Etwa 29,9 % der Betroffenen nutzen diese Angebote – insbesondere bei psychischen Erkrankungen. Die Zufriedenheit mit der Beratung ist hoch: Rund die Hälfte der Nutzenden bewertet sie als hilfreich.14
Fußnoten
- Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: 22. Sozialerhebung – Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2021. Homepage – Die Studierendenbefragung in Deutschland: 22. Sozialerhebung – BMBF ↩︎
- Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: 22. Sozialerhebung – Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2021. Homepage – Die Studierendenbefragung in Deutschland: 22. Sozialerhebung – BMBF ↩︎
- Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: 22. Sozialerhebung – Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2021. Homepage – Die Studierendenbefragung in Deutschland: 22. Sozialerhebung – BMBF ↩︎
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3 – Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. https://www.dzhw.eu/forschung/projekt?pr_id=650 ↩︎
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3 – Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. https://www.dzhw.eu/forschung/projekt?pr_id=650 ↩︎
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3 – Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. https://www.dzhw.eu/forschung/projekt?pr_id=650 ↩︎
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3 – Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. https://www.dzhw.eu/forschung/projekt?pr_id=650 ↩︎
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3 – Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. https://www.dzhw.eu/forschung/projekt?pr_id=650 ↩︎
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3 – Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. https://www.dzhw.eu/forschung/projekt?pr_id=650 ↩︎
- Techniker Krankenkasse 2023. „TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht’s Deutschlands Studierenden?“. TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht‘s Deutschlands Studierenden? | Die Techniker – Presse & Politik ↩︎
- Techniker Krankenkasse 2023. „TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht’s Deutschlands Studierenden?“. TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht‘s Deutschlands Studierenden? | Die Techniker – Presse & Politik ↩︎
- Techniker Krankenkasse 2023. „TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht’s Deutschlands Studierenden?“. TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht‘s Deutschlands Studierenden? | Die Techniker – Presse & Politik ↩︎
- Techniker Krankenkasse 2023. „TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht’s Deutschlands Studierenden?“. TK-Gesundheitsreport 2023 – Wie geht‘s Deutschlands Studierenden? | Die Techniker – Presse & Politik ↩︎
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) (2023). Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3 – Studieren mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. https://www.dzhw.eu/forschung/projekt?pr_id=650 ↩︎